Es gibt wohl kaum etwas Majestätischeres als ein großes Flugzeug, das dem Boden entgegenschwebt. Der Frankfurt Airport erweckt mit einer einzigartigen Lichtinstallation diese Eleganz in kleinerem Maßstab auch am Boden zum Leben. Über 325 Meter und zwei Stockwerke schlängelt sich das zentrale Element der Ausstellung durch das neue Besucherzentrum und zeichnet exakt die Flugbahnen und Warteschleifen nach, auf denen die großen Jets starten und landen. Als Start- und Landepunkt bindet das Lichtband ein 14 Meter langes und 8 Meter breites Modell des Flughafens ein.
Projektfotos: Tomas Rodriguez
Alexander Zell, Leiter Kundenservice FRAPORT AG
Das neue Herz des Flughafens beginnt zu schlagen
In zentraler Lage des Flughafen Frankfurt, in Halle C des Terminals 1 wird das Fliegen zum neuen Erlebnis. Unweit der Stelle, wo seit 70 Jahren die beliebten Flughafen-Rundfahrten starten, eröffnet sich nun auf 1200 Quadratmetern im neuen Besucherzentrum eine weltweit einzige Multimedia-Welt rund um die Faszination der Luftfahrt. Für Alexander Zell, Leiter Kundenservice des Flughafenbetreibers FRAPORT AG, ist das Zentrum „Besucherservice next generation“. Das Hauptziel ist es, Bereiche zu zeigen, die „man als Fluggast sonst nicht zu sehen bekommt“ und auf diese Weise den Flughafen mit seinen jährlich ca. 20 Millionen Fluggästen zum attraktiven Ausflugsziel zu machen.
Auf die Besucher wartet eine Vielzahl von interaktiven Highlights. Sie können als „Marshaller“ ein Flugzeug auf die Parkposition einwinken, in einem Kino mit VR-Brille und beweglichen Sesseln die Fahrt eines Koffers durch die Gepäckförderanlage am Frankfurter Flughafen selbst erleben. Auf der 25 Quadratmeter großen interaktiven Hub Wall „The Globe“ aus 28 LCD-Displays lassen sich alle Flüge weltweit in Echtzeit verfolgen, durch 2,5 m hohe Smart Windows mit Touch-Funktion blickt man auf das Vorfeld hinaus und erhält zusätzliche Informationen zu den dort parkenden Flugzeugen.
Die Liquid Line manifestiert physisch, was sonst nur als Momentaufnahme erlebbar ist - die Warteschleifen der Flugzeuge beim Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen.
Selbst diese beeindruckenden Exponate werden noch überstrahlt vom maßstabsgetreuen Modell des gesamten Flughafen Frankfurt, das sich über die Lichtinstallation als Wegweiser, Orientierungshelfer und Erklärobjekt in die gesamte Ausstellung erstreckt. Laut Jochen Gringmuth vom verantwortlichen Architekturbüro COORDINATION Berlin war die Idee des Hauptexponat, die Größe des Flughafens nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft darzustellen: „Das An- und Abfliegen der Flugzeuge physisch zu manifestieren und mit einer physischen Installation zu hinterlegen, was sonst immer nur als Momentaufnahme sichtbar und nur virtuell visualisierbar ist, war für uns die Lösung.“ Die ganze Größe der Luftrouten ließ sich dabei nur erfassen, indem sie im Maßstab 1:1500 angelegt wurden, der Airport ist im Verhältnis doppelt so groß dargestellt. Trotzdem bleibt die Lichtinstallation sehr nah an der Realität. Die steilen Winkel der Startbewegungen werden sehr klar erkennbar, die Frequenz der Lauflichter orientiert sich an den tatsächlichen Flugbewegungen im Jahr 2019.
Jochen Gringmuth, Architekt und Gründer von COORDINATION Berlin, Foto: Asja Caspari
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Genießen Sie den Rundgang durch das Besucherzentrum entlang der Liquid Line Lichtinstallation
Eine Herausforderung in vielen Dimensionen
Was die Besucher intuitiv erleben, war für die leitende Lichtplanerin Anne Boissel und Ihre Partner von Hersteller Lightnet gleich in mehrerlei Hinsicht technisches Neuland. Um die Wünsche der Architekten umzusetzen, brauchte es ein Profil, das sowohl horizontal als auch vertikal flexibel gebogen werden konnte und vielfältige Verzweigungen ermöglichte. Für das Lauflicht brauchte es zugleich eine sehr präzise und flexible Steuerung.
Es war relativ schnell klar, dass die übliche Steuerung per DALI dafür nicht ausreichen würde. Stattdessen setzte Anne Boissel auf eine technische Plattform, die im Show-Business der Standard ist, in der Architektur aber bisher kaum genutzt wird. Über DMX kann jede der 2.300 Platinen einzeln angesteuert werden. Dafür entwickelte Lightnet eine vollkommen neue Teil-Platine mit DMX-Controller, die Software für die Steuerung wurde von Stageled ebenfalls neu programmiert. „Für mich war das Thema Steuerung neu, ich bin eigentlich zuständig für Lichtkunst und Lichtplanung.“, blickt Anne Boissel auf die Anfänge des Projekts zurück. Auch bei der Lichtfarbe musste die Installation besondere Vorstellungen erfüllen: „Die Lichtinstallation nimmt Bezug auf die Fluglinien vom Flughafen, man denkt an die Kondensstreifen vom Himmel. Darum die außergewöhnlich kühle Lichtfarbe 5700 K.“
Dazu kamen die technischen Gegebenheiten vor Ort. Die langgezogene Form der Installation erforderte höchste Präzision bei der Formgebung, gleichzeitig bot die bestehende Funktionsdecke nur eine sehr geringe Zahl von Punkten für die Aufhängung und die Leitungsführung. Für den Brandschutz musste die Installation zudem an fest definierten Stellen unterbrochen werden.
Die Summe dieser Anforderungen führte dazu, dass sich nur ein Hersteller um die Ausschreibung bewarb. Für Axel Tiebel, einem der beiden Geschäftsführer von Lightnet, war das nicht überraschend: „Dieses Projekt war wie für uns gemacht! Zum einen hatten wir mit Liquid Line bereits ein Produkt im Portfolio, das sehr vielfältige Verläufe in allen Dimensionen und Radien umsetzen kann. Zum anderen verbinden wir bei uns inhouse sehr tiefgehende Kompetenzen in Mechanik, Elektrotechnik und Oberflächenveredelung, gepaart mit einer Denkweise, die es ermöglicht, ungewöhnlich offen auf nicht alltägliche Aufgabenstellungen wie diese zu reagieren.“
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Axel Tiebel
Die eigentliche Herausforderung eines solchen Projektes liegt in dem Erkennen und kurzfristigen Lösen von nicht planbaren Situationen.
Geschäftsführer Lightnet
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Jochen Gringmuth
Die Lichtinstallation schafft einen ganz identitären Moment für das Besucherzentrum.
Architekt und Gründer von COORDINATION Berlin
Lichtinstallation Besucherzentrum Frankfurt Airport
Produkt: Liquid Line
Lauflicht über DMX-Steuerung
Individuell entwickelte Teil-Platinen mit DMX-Controller
Ausführung aller Komponenten in Brandschutz-Klasse B1
Projektlaufzeit 02/2017 – 07/2020
325
Meter Gesamtlänge
2300
Platinen
5700
K | Lichtfarbe
Axel Tiebel, Geschäftsführer Lightnet - Foto: Felix von der Osten
Formenvielfalt auf Basis einer bewährten Lösung
Der große Vorteil für Lightnet war, dass bei der Lichtinstallation ein bestehendes Produkt eingesetzt werden konnte. Das Profil Liquid Line ermöglicht flexible Lichtlinien, die mit CNC-Verfahren in jeder Dimension gebogen und verzweigt werden können und dabei nicht nur Standard-Radien, sondern jedem frei gewählten Radius folgen können. Lichtplanerin Anne Boissel war das wichtig:
„In diesem Projekt wollte ich unbedingt ein existierendes Profil verwenden, um technische Probleme zu vermeiden.“ Bei Lightnet konnte sie auf Erfahrungen aus vorherigen Projekten zurückgreifen und setzte darum auf diesen bewährten Partner. Liquid Line wurde von Lightnet entwickelt, um die Wünsche von Architektinnen und Architekten nach einer Lichtlinie umzusetzen, die mit der zunehmend organischen und dynamischen Formensprache unserer Zeit harmoniert. Die Flexibilität der LED-Technologie findet in der vielseitigen Gestaltung des Profils ihr passendes Gegenstück. Architekt Jochen Gringmuth ließ sich schnell von Liquid Line überzeugen: „Wir waren froh, dass wir auf ein Produkt zurückgreifen konnten, das bereits besteht und das auch in der sehr komplizierten Deckenkonstruktion gut untergebracht werden konnte.“
Das Projekt am Frankfurter Flughafen empfinden die Verantwortlichen von Lightnet als Bestätigung für ihre Produktpolitik und ihre Produktionsphilosophie: „Bei uns sind Elektronik und Mechanik inhouse gebündelt. Diese Kompetenz ermöglicht es uns, sehr flexibel auf die Wünsche der Planer einzugehen“, fasst Geschäftsführer Axel Tiebel den Ansatz zusammen. Die Produkte werden nicht auf Vorrat produziert, sondern immer just-in-time und schon ab Stückzahl 1. Das ist in den meiste Fällen kaum oder gar nicht teurer als eine Fertigung in höherer Stückzahl – weil auch Lagerhaltung ihren Preis hat. Dazu kommen ökologische Vorteile, weil die Verschwendung von Ressourcen deutlich reduziert wird. Mit der neuen Liquid Line Slim bietet Lightnet darüber hinaus nun auch ein filigraneres Profil mit der Flexibilität der Liquid Line an.
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Axel Tiebel
Mit der gebündelten Inhouse-Kompetenz in Elektronik und Mechanik können wir sehr flexibel auf die Wünsche der Planer eingehen.
Geschäftsführer Lightnet
Das Ergebnis schwebt über allen Erwartungen
Was 2017 mit der ersten Anfrage von Anne Boissel bei Lightnet begann, endete im Juli 2020 mit der erfolgreichen Vollendung und Übergabe der Installation. Das war nicht immer klar. Insbesondere die enge Kopplung zwischen dem Baufortschritt vor Ort und der Produktion machte eine engmaschige Koordination auf Distanz erforderlich, um die Lieferung in drei Teilen zum richtigen Zeitpunkt sicherzustellen.
Auch die Logistik in einem hochsensiblen Sicherheitsbereich wie dem Flughafen und die Verzahnung mit den anderen Bauaktivitäten vor Ort hatten es durchaus in sich. So musste für die Estrichverlegung das 10 Meter hohe Gerüst kurzfristig ab- und wieder aufgebaut werden. Unter diesen Umständen zahlte sich die gute Zusammenarbeit mit der Lide GmbH als ausführendem Unternehmen und deren hoher Qualitätsanspruch sehr aus – im internationalen Projektgeschäft keine Selbstverständlichkeit.
Mit dem Ergebnis sind alle Projektbeteiligten mehr als zufrieden. Alexander Zell von FRAPORT zeigt sich beeindruckt davon, „wie exakt die Installation die Realität nachzeichnet“. Architekt Jochen Gringmuth gerät sogar fast ins Schwärmen: „Die Wirkungsweise ist sogar noch größer, als ich erhofft hatte. Wenn man sieht, wie die Architektur durch die geschwungenen Lichtlinien bespielt wird und eine Gesamtwirkung inszeniert, die aus allen Perspektiven gut erkennbar ist – dann sieht man, dass die Lichtinstallation immer wieder einen ganz identitären Moment schafft für das Besucherzentrum.“ Axel Tiebel von Lightnet hat neben der Zufriedenheit der Auftraggeberinnen und Auftraggeber seinen ganz eigenen Grund zu Freude: Die Installation kann am Airport seit August 2021 von einem Millionenpublikum bewundert werden – und auch von den Branchenkolleginnen und -kollegen, die im März 2022 zur Light & Building nach Frankfurt kommen. „Persönlich freut es mich, dass dieses Objekt so sichtbar für ein breites Publikum ist und dass ich bei einem unserer nächsten Urlaube meinen Kindern zeigen kann, was Lightnet und Papa den Tag über so machen.“
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Alexander Zell
Ich bin beeindruckt, wie exakt die finale Installation die Realität nachzeichnet.
Leiter Kundenservice FRAPORT AG
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Jochen Gringmuth
Die Wirkungsweise ist sogar noch größer, als ich erhofft hatte. Die Schwingung im Raum – das ist es, was diese Installation absetzt vom Gewöhnlichen.
Architekt und Gründer von COORDINATION Berlin
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Axel Tiebel
Das konstruktive Miteinander macht Projekte so erfolgreich.
Geschäftsführer Lightnet
Projekt-Steckbrief
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Kunde
FRAPORT AG
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Lichtplanerin
Anne Boissel, Berlin
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Komponenten
Uni Elektro Fachgroßhandel, Eschborn
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Technische Entwicklung und Umsetzung
Lightnet GmbH, Köln
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Architekten
Jochen Gringmuth und Andrea Dunmore, COORDINATION Berlin
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Installation
Lide, Chemnitz
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Steuerung
Oliver Petrowitsch, Stageled, Hamburg
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Projektbeteiligte
Ralf Posorski und Christoph Willim